Schutzstufen und Schutzmaßnahmen

BI Schutzstufen und Schutzmaßnahmen

Die Schutzstufen umfassen die baulichen, technischen, organisatorischen und persönlichen Schutzmaßnahmen, die für Tätigkeiten mit Biostoffen entsprechend ihrer Gefährdung zum Schutz der Schülerinnen und Schüler sowie der Lehrkräfte festgelegt oder empfohlen sind. Sie orientieren sich an der Risikogruppe des jeweiligen Biostoffs und sind ein Maßstab für die Höhe der Infektionsgefährdung einer Tätigkeit.

Bei der Schutzstufenzuordnung ist zwischen gezielten und nicht gezielten Tätigkeiten mit Biostoffen zu unterscheiden.

Schutzstufenzuordnung bei gezielten Tätigkeiten

Basierend auf der Risikogruppe des Biostoffs erfolgt die Zuordnung in die entsprechende Schutzstufe. Jeder einzelne Biostoff ist dabei einzeln zu betrachten. Falls mehrere Biostoffe vorliegen, ist die Risikogruppe des Biostoffs mit dem höchsten Gefährdungsgrad ausschlaggebend.

Schutzstufenzuordnung bei nicht gezielten Tätigkeiten

Bei nicht gezielten Tätigkeiten mit Biostoffen ist nicht der Biostoff mit der höchsten Gefährdung ausschlaggebend für die Zuordnung zu einer Schutzstufe. Hier liegen meistens Mischkulturen vor, bei denen die einzelnen Biostoffe nur mit großem Aufwand zu bestimmen sind. Die Zuordnung zu einer Schutzstufe ist abhängig von der Infektionsgefährdung. Die überwiegende Zahl der Proben wie z. B. Umweltproben ist normalerweise als nicht infektiös anzusehen, sofern kein Verdacht auf den Befall mit krankheitserregenden Keimen der Risikogruppe 2 oder höher besteht. Tätigkeiten mit diesen Proben werden üblicherweise unter Bedingungen der Schutzstufe 1 durchgeführt.

Schutzmaßnahmen

Eine Gefährungsbeurteilung ist grundsätzlich vor Aufnahme der Tätigkeiten mit Biostoffen fachkundig durchzuführen. Je nach Schutzstufe müssen geeignete Maßnahmen nach dem Stand der Technik ermittelt und festgelegt werden. Schließt die Gefährdungsbeurteilung eine toxische oder sensibilisierende Wirkung der verwendeten Biostoffe nicht aus, sind zusätzliche Maßnahmen durchzuführen. Die Anwendung baulicher, technischer und organisatorischer Schutzmaßnahmen hat grundsätzlich Vorrang vor dem Einsatz persönlicher Schutzausrüstung.

Schutzmaßnahmen der Schutzstufe 1

Bei Tätigkeiten mit Biostoffen der Risikogruppe 1 ist das Auftreten einer Infektion für gesunde Personen unwahrscheinlich. Bei allen Tätigkeiten mit Biostoffen müssen unabhängig von der Einstufung in Schutzstufen die allgemeinen Hygienemaßnahmen eingehalten werden. Ein geeigneter Hygieneplan ist zu erstellen. 

Bauliche Schutzmaßnahmen

Bei Bau und Einrichtung des Biologieraumes sind im Hinblick auf Tätigkeiten mit Biostoffen die baulichen Anforderungen zu berücksichtigen. Dies betrifft u. a. Abstände und Oberflächen von Übungstischen, geeignete Fußböden und Waschgelegenheiten sowie getrennte Aufbewahrungsmöglichkeiten für Laborkittel und Straßenbekleidung.

Technische Schutzmaßnahmen

Bei Tätigkeiten der Schutzstufe 1 sind im Allgemeinen keine technischen Schutzmaßnahmen erforderlich. Eine Ausnahme bildet die Verwendung von Schimmelpilzen der Risikogruppe 1. Hier kann eine sensibilisierende Wirkung nicht ausgeschlossen werden. Es empfiehlt sich in diesen Fällen grundsätzlich eine geschlossene Handhabung der Proben, z. B. durch Verschluss der Petrischalen nach der Inkubation mittels Klebeband. Ist eine offene Handhabung gewünscht, z. B. Herstellung eines „Tesafilmpräparats“, ist eine mikrobiologische Sicherheitswerkbank bzw. ein Abzug zu verwenden.

Kann bei nicht gezielten Tätigkeiten das Auftreten von Biostoffen der Risikogruppe 2 nicht ausgeschlossen werden, sind die Kulturen vor der Entsorgung im Autoklav oder Dampfdruckkochtopf zu sterilisieren. 

 

Organisatorische Schutzmaßnahmen

  • Der Zugang zum Fachunterrichts- und Vorbereitungsraum ist auf autorisierte Personen zu beschränken.
  • Arbeitsbereichs- und stoffbezogene Betriebsanweisungen sind zu erstellen. Die Betriebsanweisungen müssen vor Aufnahme der Tätigkeit vorliegen. 
  • Schülerinnen und Schüler sind umfassend zu unterweisen und zu beaufsichtigen.
  • Für Tätigkeiten der Schutzstufe 1 wird das Tragen eines Schutzkittels aus hygienischen Gründen empfohlen.
  • In den Fachunterrichtsräumen darf nicht getrunken und gegessen werden. Nahrungsmittel dürfen im Arbeitsbereich nicht aufbewahrt werden.
  • Bei allen Tätigkeiten muss darauf geachtet werden, dass Aerosolbildung soweit möglich vermieden wird. Fenster und Türen der Arbeitsbereiche sollen während der Tätigkeiten geschlossen sein.
  • Bei Anreicherung unbekannter Mischkulturen, z. B. Abklatsch- und Bodenproben, ist eine offene Handhabung nach der Inkubation durch Abkleben mittels Klebeband zu vermeiden.
  • Mundpipettieren ist untersagt, Pipettierhilfen sind zu benutzen.
  • Kanülen, spitze und scharfe Instrumente, wie z. B. Skalpelle, sollen nur, wenn unbedingt nötig, benutzt werden. Benutzte Kanülen, spitze und scharfe Instrumente sind in durchstichsicheren und fest verschließbaren Abfallbehältnissen zu sammeln und zu entsorgen.
  • Arbeitsbereiche müssen aufgeräumt und sauber gehalten werden. Auf den Arbeitstischen dürfen nur die tatsächlich benötigten Geräte und Materialien stehen. Vorräte dürfen nur in dafür bereitgestellten Bereichen und Schränken gelagert werden.
  • Nach Beendigung der Tätigkeit und vor Verlassen des Fachunterrichtsraumes müssen die Hände sorgfältig gewaschen werden.

Persönliche Schutzmaßnahmen

Bei Einhaltung der oben aufgeführten organisatorischen Schutzmaßnahmen ist eine persönliche Schutzausrüstung bei Tätigkeiten mit Biostoffen der Risikogruppe 1 grundsätzlich nicht erforderlich. Die Verwendung von Einmalhandschuhen bzw. anderer persönlicher Schutzausrüstung wird aber bei Kontakt mit Gefahrstoffen oder zur Vermeidung von Verunreinigung der Kulturen notwendig. Eine geeignete persönliche Schutzausrüstung ist zur Verfügung zu stellen.

Hinweis: Als Einmalhandschuhe werden solche aus Nitrilkautschuk empfohlen, wenn sich nicht aufgrund eingesetzter Gefahrstoffe andere Notwendigkeiten ergeben. Gepuderte Latexhandschuhe sind wegen ihres erhöhten Allergiepotenzials nicht zulässig!

Schutzmaßnahmen der Schutzstufe 2

Tätigkeiten mit Biostoffen der Risikogruppe 2 können beim Menschen Krankheiten hervorrufen. Die in Schulen in der Schutzstufe 2 durchgeführten Experimente sind im Regelfall den nicht gezielten Tätigkeiten zuzuordnen. Sollten im Einzelfall gezielte Tätigkeiten in der Schutzstufe 2 durchgeführt werden, so hat die Schulleitung diese der zuständigen Behörde spätestens 30 Tage vor Aufnahme der Tätigkeit anzuzeigen.

Praktische Versuche, in denen Biostoffe der Risikogruppe 2 zum Einsatz kommen und die der Schutzstufe 2 zugeordnet werden, sollen daher so erfolgen, dass eine Exposition der Schülerinnen und Schüler sowie der Lehrkräfte vermieden wird. Für Tätigkeiten der Schutzstufe 2 sind grundsätzlich alle Schutzmaßnahmen, die bereits für die Schutzstufe 1 beschrieben worden sind, zu ergreifen. Ergänzend sind insbesondere folgende Maßnahmen durchzuführen:

Bauliche Schutzmaßnahmen

  • Für die Desinfektion und Reinigung der Hände müssen ein Waschbecken und seine Armatur vorrangig ohne Handberührung, z. B. mit Einhebelarmatur, bedienbar sein. Desinfektionsmittel-, Handwaschmittel- und Einmalhandtuchspender müssen vorhanden sein.
  • Einrichtungen zum Spülen der Augen müssen vorhanden sein. Augenspülflaschen dürfen nicht verwendet werden.
  • Oberflächen müssen beständig gegen die verwendeten Chemikalien und Desinfektionsmittel sein.
 

Technische Schutzmaßnahmen

  • Tätigkeiten in der Schutzstufe 2, bei denen mit einer Gefährdung durch Bioaerosole zu rechnen ist, sollen in einer mikrobiologischen Sicherheitswerkbank oder vergleichbaren Einrichtungen durchgeführt werden, z. B. Abzug mit HEPA-Filter. 
  • Es sind Zentrifugen mit abgedichteten Rotoren bzw. Zentrifugenröhrchen zu verwenden.
  • Zur Sterilisation von Arbeitsgeräten und erregerhaltigen Abfällen sind Autoklaven zu nutzen. Werden Versuche in der Schutzstufe 2 regelmäßig durchgeführt, muss der Autoklav mit einem Abluftfilter ausgestattet sein. 

Organisatorische Maßnahmen

  • Arbeitsbereiche, in denen Tätigkeiten der Schutzstufe 2 durchgeführt werden, sind für diesen Zeitraum mit dem Symbol „Biogefährdung“ zu kennzeichnen.
  • Die Schwarz-Weiß-Trennung, z. B. Aufbewahrung von Straßen- und Schutzkleidung an zwei getrennten Hakenleisten, ist konsequent umzusetzen. Die Bereitstellung und Reinigung der Schutzkittel ist Aufgabe der Schulen. 
  • Biostoffe der Risikogruppe 2 sind dicht verschlossen und sicher zu transportieren und aufzubewahren.
  • Abfälle mit Biostoffen sind in geeigneten und gekennzeichneten Behältern sicher zu sammeln und vor der Entsorgung zu autoklavieren. Anschließend können diese in den Restmüll oder in den Ausguss gegeben werden.
  • Arbeitsgeräte und -flächen müssen nach Beendigung der Tätigkeit desinfiziert werden.
  • Das Reinigungspersonal ist anhand einer Betriebsanweisung über mögliche Gefährdungen zu unterweisen.